From war prosthesis to the smartphone as mental exoskeleton: an introduction to prosthetics design.

Essay for FORM Magazine No. 285.




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Prothesen-Technologie ist fĂŒr transhumanistische Interessen ein symbolisches und praktisch relevantes Projekt zur Überwindung der Limitierungen des menschlichen Körpers

In einem umstrittenen Essay, forderte Zoltan Istvan, physische Behinderungen mit Hilfe von Hightech vollstĂ€ndig zu reparieren, anstatt in die behindertengerechte Gestaltung von öffentlichen RĂ€umen zu investieren. Zoltan ist ein Fürsprecher der Transhumanisten, einer Bewegung, die die technologiegestützte Überwindung der menschlichen Biologie anstrebt. Der Wunsch nach einer „Reparatur“ von Behinderungen ist vor diesem Hintergrund einleuchtend: das Wiederherstellen eines „Normalzustandes“ der menschlichen Natur ist symbolisch und praktisch die Vorstufe zur Überwindung desselben. Die Vorstellung vom Menschen als ein zur Selbstoptimierung fĂ€higes und verpflichtetes Wesen lĂ€sst sich bis zur Renaissance zurückverfolgen. In der transhumanistischen Interpretation des Human Enhancement ist dieses Vorhaben vorrangig an Kriterien der Effizienz-Optimierung und Leistungssteigerung orientiert.

#elab/atom AO🌊 Das Smartphone, sowie Neuralink & als transhumanistische Prothese zu interpretieren ist eigentlich ein ziemlich relevanter Gedanke den man mal formulieren könnte! ist ggf auch relevant fĂŒr AI Image Generators

Prothesen-Technik und Kamproboter-Technologie stehen in einem wechselseitigen AbhÀngigkeitsverhÀltnis basierend auf der Zerstörung und Rekonstruktion von Körpern

Die ambivalente Beziehung von Körper und Prothese wird anschaulich in der Entwicklungsgeschichte von Arm- und Beinprothesen im ”/. Jahrhundert. Innovationsschübe in der Prothesentechnik sind hĂ€ufig an vorangegangene Innovationen in der Waffentechnik und daraus resultierende neue QualitĂ€ten und QuantitĂ€ten von Verwundungen gekoppelt. Im Ersten Weltkrieg überlebten viele Soldaten nur mit schweren Gesichtsverletzungen, da orientierende Blicke über den Schützengraben durch das Schnellfeuer der neuen Maschinengewehre viel gefĂ€hrlicher als früher geworden waren. Ein Boom der rekonstruierenden Gesichtsprothesen folgte.## Auch Arm- und Beinamputationen wurden damals in völlig neuen Ausmaßen vorgenommen.#” Die hohe Zahl amputierter Veteranen beflügelte die Prothesentechnik: Industriell gefertigte Prothesen waren deutlich günstiger als handgefertigte Vorkriegsmodelle. Neue Gelenkmechaniken und universelle Werkzeugschnittstellen sollten verletze Veteranen wieder zu Arbeitern machen. Dies ging teilweise so weit, dass Arbeiter über ihre Prothesen direkt mit Maschinen in der Fabrik verschraubt wurden. Die technische Effizienz dieser Wiedereingliederungsmaßnahmen hat makabre Züge: „[Z]uerst baut man eine rational funktionierende Tötungs- und Zerstörungsmaschinerie auf, die auf den neuesten Erkenntnissen von Wissenscha gehorchen [
]“ (Hannu EerikĂ€inen, Liebe deine Prothese wie dich selbst, in Das Argument – Zeitschrift für Philosophie und Sozialwissenschaften, Jahrgang 47, Ausgabe 2, 2005, S. 215.) Heute könnte man die parallele Erforschung von Prothesentechnik und Kampfrobotern durch das MilitĂ€r als Fortführung dieser Logik betrachten. Die Versehrung des Körpers durch Waffen, seine Reparatur durch Prothesen und schließlich seine Erweiterung durch transhumanistische Enhancements: Die Beziehung von Körper und Technologie ist geprĂ€gt vom Wechselspiel zwischen Zurichtung und Unterstützung, ist gleichzeitig Zerstörung und Au0au von körperlicher IntegritĂ€t.

#elab/add Unsere Werkzeuge formen uns und wir formen unsere Werkzeuge das ist ein super beispiel!

AbhÀngigkeit von Prothesen erzeugt zusÀtzliche infrastrukturelle Probleme und Herausforderungen im Alltag

Die Symbiose mit künstlichen Körperteilen erzeugt darüber hinaus neue AbhĂ€ngigkeiten von Krankenkassen und Prothesenherstellern. Update-Politik, PrivatsphĂ€re und QualitĂ€tsmĂ€ngel sind von Konsumprodukten bekannte Konfliktthemen, die bei Prothesen und Implantaten ganz neue Fallhöhen entwickeln. Kurzlebige So$ware-Unterstützung kann zu physischen EinschrĂ€nkungen im Alltag führen. Die digitale Prothese könnte Krankenkassen bei der Überwachung von Patienten unterstützen. Nicht kommunizierte QualitĂ€tsmĂ€ngel führen regelmĂ€ĂŸig zu Gesundheitsrisiken, wie ”/#, durch die Implant Files bekannt wurde

#elab/add AO 🌊 202109031702- prekĂ€re kritische Infrastruktur das wĂ€re auch mal ein guter Gedanke, auch im Kontext von Brittleness, Brittleness Bubble etc.

Das “Fixen” von körperlichen EinschrĂ€nkungen dient der Konstitutierung von angeblicher NormalitĂ€t, anstatt die Konstruiertheit von IdentitĂ€ten zu betonen

Werden Prothesen aber zum Wundermittel für die „Korrektur“ von BeeintrĂ€chtigungen stilisiert, dann ist dies eine bequeme Vereinfachung für die gesunde Mehrheit. Die moralische Verpflichtung zur SolidaritĂ€t ließe sich ersetzen durch den Verweis auf neueste Technologie. Eine prothesengestützte Angleichung an den Durchschnitt würde zur individuellen Verpflichtung von Betroffenen. Kurz: „Wer anders ist, hat sich zu Ă€ndern oder muss sehen, wo er bleibt.“#, Um solche ZustĂ€nde zu vermeiden, muss progressive Technik mit progressivem Mindset kombiniert werden. Statt einer Rekonstruktion von NormalitĂ€t sollten Prothesen die Konstruktion von IdentitĂ€t unterstützen. Zahlreiche Initiativen und Firmen folgen bereits erfolgreich diesem Ansatz bei der Gestaltung ihrer Produkte. %-D-Druck-basierte, modulare Abdeckungen für Beinprothesen von Unyq ermöglichen differenzierte modische Statements jenseits von kaschierender Imitation.

#elab/add AO 🌊 Solutionist Design da gehört das definitiv hin, aber wie genau darstellen?

Prothesen sollten verfĂŒgbar, modifizierbar und transparent sein, um Menschen in ihrer Entfaltung zu unterstĂŒtzten anstatt sie zu unterdrĂŒcken

Hilfsmittel für Menschen mit EinschrĂ€nkungen müssen effizient, bezahlbar und funktional sein. Um aber von einer konformen Reparatur des Körpers zur individuellen Gestaltung von IdentitĂ€t zu kommen, müssen Prothesen ihren Anwendern ermöglichen, vom Objekt zum Subjekt in der Auseinandersetzung mit Behinderung zu werden. Die dafür erforderlichen QualitĂ€ten sind Verfügbarkeit, Modifizierbarkeit und Transparenz. Eine Auseinandersetzung mit den Feinheiten der Prothesengestaltung lohnt sich deshalb: Im erweiterten Sinne sind die meisten Menschen bereits heute Cyborgs (spĂ€testens, seit wir Smartphones als „mentale Exoskelette“”% in unseren Alltag integriert haben). Die im Kontext von Prothesen relevanten Fragestellungen betreffen deshalb die gesamte Gesellscha$.

Problematist Design Gehört auch da dazu eigentlich!

Date: 2022-08-12 2022-W33 #note/output/ao/published

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